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Stolpersteine zur Erinnerung an die Ermordeten 1933-1945
 
 
 
 
 
 
 
 
Clara Rieger, geb. Segall, * 26.05.1880 in Berlin nach oben

Clara Rieger wurde am 14.12.1942 mit dem "25. Osttransport" aus der Bamberger Str. 22 über das Sammellager Große Hamburger Str. 26 nach Auschwitz deportiert. Der Transport umfaßte 815 Menschen, darunter 61 zwischen 1928 und 1942 geborene Kinder. Von diesem Transport hat niemand überlebt, die letzte, als "arbeitsfähig" registrierte Person ist Anfang Februar 1943 umgekommen. In der (nicht von Clara Rieger selbst ausgefüllten) obligatorischen "Vermögenserklärung" sind als Untermieter in der "6 % Zimmer Komfort Wohnung" aufgeführt: Wachsmann, Bieber, Gimpel, Deutschkron, Borchardt, Frey, Steinhöfler

Am 3.2.1943 vermerkte ein Gerichtsvollzieher auf dem Vordruck Inventar und Bewertung: Wanzen vorhanden, keine Schlüssel, da Untermieter.

Das Mobiliar von Clara Rieger wurde auf 590,- RM geschätzt.

Am 23.10.1944 teilte das Finanzamt Wilmersdorf-Süd dem OFP mit, daß Klara Sara Rieger nach dem Stand vom 1.1.1940 keine Vermögenswerte hatte.

 
Therese Mejerzon geb. Köppler, * 30.05.1885 in Wollstein nach oben

Im Berliner Adressbuch von 1938 findet man den Makler Heinrich Meerson unter Bamberger Str. 22, dieser Name taucht dann in den Akten des Oberfinanzpräsidenten BerlinBrandenburg, der Polizei und der Gestapo unter Meerson, Merson, Meyerson, Mejerson und Mejerzon auf. Für den Stolperstein wurde die Schreibweise aus dem Gedenkbuch des Bundesarchivs gewählt:

Therese Mejerzon geb. Köppler hatte ihre Wohnung in der Bamberger Str. 22 im Dezember 1942 räumen und in das "Judenhaus" Nassauische Str. 61 ziehen müssen. Von dort wurde sie am 12.1.1943 über das Sammellager Große Hamburger Str. 26 mit dem "26. Osttransport" nach Auschwitz deportiert. Dieser Transport umfaßte 1.196 Personen, unter ihnen war die 65jährige Schriftstellerin Else Ury, Autorin der "Nesthäkchen"-Bücher. Nach Ankunft des Transports in Auschwitz wurden nur 127 Männer als arbeitsfähige Häftlinge in das Lager eingewiesen, die übrigen Menschen wurden in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau ermordet. In der "Vermögenserklärung" hatte Therese Mejerzon als Beruf Krankenschwester angegeben, als Familienstand verwitwet. Auf der Rückseite vom Blatt 11 der "Vermögens-Akte" fand ich einen Vermerk der Polizei vom 1.7.43:

Therese Sara geb. Köppler ist am 12.1.43 nach dem Osten überführt, Ehemann Heinrich Merson, geb. 24.8.81 ist am 1.4.40 Lager Sachsenhausen verstorben.

Der Ehemann von Therese Mejerzon wurde also auch von den Nazis ermordet, er ist aber (bisher) in keinem Gedenkbuch genannt. Auch für ihn sollte ein Stolperstein verlegt werden.

 
Hugo Gimpel, * 21.12.1878 in Rostock und seine Ehefrau
Frieda Gimpel geb. Heumann, * 30.06.1894 in Celle nach oben

Für sie gibt es keine Akte, lediglich einen Vermerk in der Gedenkbuchdatei: Sie lebten versteckt, bis sie gefunden wurden. Sie wurden am 1.3.1943 über das Sammellager Große Hamburger Str. 26 zusammen mit über 1.700 Menschen mit dem "31. Osttransport" nach Auschwitz deportiert. Aus diesem Transport, der Beginn der "Fabrikaktion" war, wurden 156 Männer und 106 Frauen als Häftlinge in das Lager eingewiesen, alle anderen wurden in den Gaskammern ermordet. Als "letzte Adresse" ist in der Datei zwar die Bamberger Str. 22 angegeben, vermutlich haben Hugo und Frieda Gimpel aber versucht, sich an anderen Orten zu verstecken.

 
Harry Grünbaum, * 09.11.1884 in Breslau und seine Ehefrau
Natalie Grünbaum geb. Abrahamsohn, * 05.09.1885 in Karthaus (Westpr.) nach oben

wohnten 1939 als Untermieter bei Clara Rieger, sind dann nach Schöneberg in die Bülowstr. 105 und von dort nach Friedenau in die Taunusstr. 19 gezogen. Im Rahmen der "Fabrikaktion" wurde Harry Grünbaum am 2.3.1943 und Natalie Grünbaum am 3.3.1943 über das Sammellager Levetzowstr. 7-8 nach Auschwitz deportiert. Beide Transporte umfaßten jeweils über 1.700 Menschen, von denen die meisten gleich nach Ankunft in den Gaskammern ermordet wurden. Auch Harry und Natalie Grünbaum sind aus Auschwitz nicht zurückgekehrt. Aus Harry Grünbaums "Vermögensakte" wissen wir, daß er bei Schering in Adlershof, Glienicker Weg 165-181, für einen Wochenlohn von 32,-- RM Zwangsarbeit verrichten mußte. Als Barvermögen hatte er 4,-- RM angegeben. Am 6.11.1944 hat der Oberfinanzpräsident bei Schering den Restlohn angefordert. Am 14.11.1944 teilte die Firma Schering mit, ... daß der Restlohn des Juden Harry Isr. Grünbaum mit den Restlöhnen anderer Juden am 27.2.1943 der Staatspolizeileitstelle Berlin, Stapo IVD 1, übergeben wurde. Heil Hitler

 
Louis Baruch, * 18.02.1920 in Berlin nach oben

1939 noch Untermieter bei Clara Rieger, hat die Bamberger Str. 22 schon vor der Deportation seiner Vermieterin verlassen. Er wurde am 12.3.1943 aus der Hohenstaufenstr. 25 mit dem "36. Osttransport" zusammen mit 940 anderen Menschen, darunter viele Angestellte der jüdischen Gemeinde und der "Reichsvereinigung der Juden", nach Auschwitz und von da am 26.01.1945 weiter nach Buchenwald deportiert und dort am 1. März 1945 ermordet.

Man lese von Imre Kertész den "Roman eines Schicksallosen".

 
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Zusammenstellung und Recherchen: Wolfgang Knoll

  • Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 - 1945", Bundesarchiv, 2007
  • Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep 36A II
  • Gottwald/ Schuhe "Die Judendeportationen aus dem dem Deutschen Reich", marixverlag, 2005 Berliner
  • Berliner Adressbücher