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Finnland im Schnellgang
29.5.- 1.6.
der 1. von 1000 Seen   nach dem Guss     nachts kann man fahren   wieder gut drauf   Skisprungschanzen in Lahti  
Sa 29.5.
Von Ii nach Oulu war's nicht mehr so weit. Oulu liegt sehr schön am Wasser. Die verschiedenen Schären sind durch viele Brücken miteinander verbunden. Großzügig angelegte Parks und Plätze, verbunden durch ein weitverzweigtes Radwegenetz. Es fahren hier auch viel mehr Leute Rad. Ich würde gern hier wohnen, muss aber gleich vor diesem Gedanken zurückschrecken, wenn ich an das immer dunkle Winterhalbjahr denke.
Aus Oulu nach Süden zu kommen war trotz der Küstenlage fast unmöglich: nur Autobahnen. Nach vielem Fahren und (auch ergebnislosem) Fragen konnte mir ein Mann wirklich gut helfen. Auch dieser beschränkte sich nicht auf eine Richtungsangabe, sondern fragte nach dem woher und wohin und bestätigte wieder mein Vorurteil über die freundlichen Finnen.
Das Land war dann ziemlich flach. Es ging gut voran. Zwar immer mal ein Schauer, aber die Mittagspause warm, fast heiß. Da kam ich auf die Idee, warum nicht nachts fahren, wo es kalt aber genauso hell ist und tagsüber schlafen, wenn es warm ist.
So bin ich durchgefahren - 240 km bis jetzt und sitze gerade in einer warmen Raststätte.
So 30.5.
Ich habe also die Übernachtung gespart und die recht langweilige Strecke nach Jväskylä praktisch um einen Tag verkürzt. Dafür konnte ich schon die dritte Tasse Kaffee und 3 Stückchen als Frühstück um 2:30 reinziehen. Es war immer hell. Zwischen 24 und 2 Uhr vielleicht etwas dämmrig. Ich habe zwar meinen Nabendynamo eingesetzt, aber meine Lampe fiel zwischendrin aus. Es war so hell, dass ich einen ausführlichen Reparaturversuch machen konnte.
Hoffentlich wird es warm heute, damit ich die nassen Sachen trocknen kann. Das war also der Haken an der sonst sehr guten Idee, sich mal tagsüber irgendwo hinzulegen. Pustekuchen, Landregen, immer weiter fahren. Jetzt wurde es hart. Noch 100 km bis Jväskylä zu den bisher 270 schon geleisteten. Ich nehme die Cocablätter. Mittags um 14:00 war ich nach 370 km in 30 Stunden fix und alle. Dazu kam ein unerträglicher Dauerverkehr auf enger Strasse und alles war nass. Dann hielt sich der Regen eine Zeit lang zurück.
Glück hatte ich dann noch beim Finden des Youth Hostels. Die Stadt liegt nämlich kompliziert zwischen 3 Seen und vielen z.T. steilen Hügeln. Die Leute fahren trotzdem viel mit dem Rad auf einem für mich undurchsichtigen Radwegenetz. Als ich später nach Duschen, Essen, Wäschewaschen, Schlafen nur mal kurz ins Keskusta wollte, fand ich überhaupt nicht mehr zurück, fuhr viele Straßen hoch und runter auf meinem lädierten Hintern, bis ich am Bahnhof einen Straßenplan fand. Nass war ich auch wieder geworden.
Nach Helsinki sind es jetzt noch knapp 300 km aber den Verkehr und die Strassenfindung an den Autobahnen vorbei fürchte ich jetzt schon. Nur raus hier - dies ist ein Land für Wohnmobile und dergl.
Ich gehe früh schlafen. Bisher ist nur ein Mitschläfer in meinem 6-Bett Zimmer.
Montag 31.5.
Das Schöne an einer solchen Reise: es kommt immer anders als man denkt. Ich dachte, heute nach Lahti, 170 km, dort ist ein SRM-Hostel. Zwar graute mir vorm Wetter, abends hatte sich der schwache Landregen zu einem starken, ununterbrochenen Dauerregen gemausert.
Na gut, ich frühstücke für Euro 5,- alles, was es am Frühstückskaffee mit freiem Kaffee gibt incl. Ei und Müsli. Dann packen. Ich hole erst alle Teile auf den Flur und packe dort, damit der Kumpel im Zimmer weniger gestört wird.
Bei einer der ersten Pausen auf einem Parkplatz mit überdachter Tisch-Bank-Kombination setzt sich ein ebenfalls pausierender Autofahrer zu mir und spricht mich an (-> Vorurteil gesprächige Finnen). Er ist Journalist, kommt aus Oulu und ist auf dem Weg zu seiner Tochter nach Helsinki. Wir unterhalten uns lange über Finnland, den Norden, den Trend zum Süden zu ziehen. Es war sehr interessant.
Der Himmel bleibt weiterhin völlig bedeckt, aber es regnet keinen Tropfen mehr. Es gibt viele Berge und Täler, schöne Seen, manchmal Rückenwind und ich bin ganz zufrieden. Bis dann auf einmal, nach einem Abstecher zu einem 'Kulturpunkt' die Sonne durchbricht. Ich kann ohne Mütze und Handschuhe fahren. Nach dem Ölen der Kette geht es noch einmal so leicht. Die Strasse wird zur Autobahn. Ich muss runter auf eine Nebenstrecke, die viel ruhiger und ohne LKWs ist. Da kommt mir der Gedanke, dass jetzt doch wieder Zelten angesagt wäre. Erstens erspare ich mir so die große Stadt Lahti und das Suchen nach dem SRM-Hostel. Zweitens spare ich Euros und drittens kann ich langsamer treten, denn mit 130 km habe ich bereits meine Sollleistung erbracht. Ich muss also nur noch ein schönes Fleckchen finden. Genau zu diesem Zeitpunkt fängt Heinola an. Ich fahre auf schönen Radwegen ins Zentrum, sehe ein Camping Schild und folge den weiteren Hinweisen. Es kommt ein See - alles noch mit Sonne, eine freundliche Frau an der Rezeption, die mir nur 12 Euro abnimmt. Ich stelle das Zelt auf, besichtige die Küche. Herd, Mikrowelle, alles da. Schnell wieder in die Stadt, eine Tiefkühlpizza und ein Microwellengericht gekauft - der Supermarkt schließt nach mir. Zurück zum Campingplatz, Herd angeworfen, zur Duschanlage (1. Sahne, die beste bisher überhaupt), geduscht - oh, die Pizza war schneller fertig. Sie ist etwas braun und trocken. macht nix, ich schütte mir eben mehr Tee rein und will die Microwell klar machen. Schaff' ich aber nicht - offensichtlich kein Strom am Anschluss. Schalter oder Timer - nicht zu finden. Also mach' ich Wasserbad. Dauert 30 Minuten statt 7. Jetzt schaue ich nach, wie's schmeckt.
Also mit Fondor ganz gut. Überhaupt Fondor. Das Ruipalat, das dunkle Sauerteigbrot mit Voi (Butter) und Fondor. Nur FinnCrisp mit Butter und Fondor ist besser.
Leider habe ich das Messer zum Butterstreichen in Jväskylä liegen gelassen. Im Supermarkt gabs nur Messer im Sixpack oder ein wirklich richtiges Buttermesser für € 7,-. Hätt ich mitnehmen sollen. Für Buffets sehr dekorativ in die Butter zu stecken.
Anrufen will ich nicht mehr. Irmhild hat heute ihr Gesundheitstraining. Außerdem sind hier die Telefonzellen von Finnet und meine Sonora Card wird da nicht gelten??
Also Essen war gut. Nachtisch Joghurt. Immer gut für eine Überraschung, wenn es nicht Danone ist. Es ist Danone - Skogsbär - Waldfrüchte. Wie die weltweit immer den identischen Geschmack hinkriegen? Mit dem Joghurtbecher ist der gesamte Verpackungsmüll des Abendessens zu einem mittleren Berg aufgelaufen. An der Wand hängt Werbung für Heinola: Ein Fischgericht und dahinter leckere Croissants. Ohne das gesehen zu haben, habe ich im Supermarkt Croissants zum Aufbacken für das Frühstück mitgenommen.
Wie kommt es, dass es oft so kommt, wie andere denken? Dann rauche ich eine Zigarette von den 5 mitgenommenen Camel aus Berlin, die entsprechend mitgenommen aussehen.
Ich habe natürlich draußen geraucht. 3 Campingwagen sind da, vor 3 Stugor stehen Autos. Sehr friedlich der An- und Ausblick auf den See, über den sich wie beim Seiler See eine imposante Autobahnbrücke erstreckt. Da rauschen fast nur die großen LKWs vorbei, die mich sonst immer fast von der Fahrbahn pusten. Aus dieser Entfernung stört nur ihr Lärm. Der Himmel ist noch hell, es ist 10:30, aber die Sonne ist schon untergegangen. Ich bin doch schon deutlich südlicher. Kalt ist es trotzdem. Mal sehn, wie die Nacht im Zelt wird. Hier in der warmen Küche zu sitzen, ist sehr angenehm. Die Frau sagte, sie lässt die Küche offen: falls es mir zu kalt wird ... Der Anschlag sagt, dass sie von 21:00 bis 8:00 geschlossen ist.
Mein kleines Radio spricht ausländisch. Es gibt viele Sender, viel mehr als im Norden. Sie sind so stark, dass ich wegen der Lautstärke, die nicht regelbar ist, auch einen guten Musiksender mit englischer Moderation - nein, das war nur zwischendrin - nicht genießen kann. Nächstes Mal muss ich den regelbaren Kopfhörer mitnehmen.

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